Mährische Bier- und weinstadt am Naturjuwel
Gleich hinter der österreichisch-tschechischen Grenze liegt die Perle Mährens, die Hauptstadt der Gurken und des Biers, was viele nicht wissen, auch eine Weinstadt. Wir haben die schöne Stadt an der Thaya am Rande des Nationalparks mit den vielen Ausblicken zu Frühlingsbeginn besucht.
Von Wien sind es mit der Nordwestbahn nicht einmal eineinhalb Stunden bis nach Znaim. Von Weitem ist bereits die Znaimer Burg, die Nikolauskirche, die Gebäude der ehemaligen Brauerei sowie der Rathausturm zu sehen. Der ÖBB-Regionalzug tastet sich an die 35.000-Einwohner-Stadt langsam heran. Spektakulärer hätten die Bauherrn der k.u.k. Österreichischen Nordwestbahn die Schienenstrecke zwischen Wien und Znaim, die vor mehr als 151 Jahren in Betrieb ging, samt lang gezogener Anfahrt mit Blick auf das steil abfallende Flussufer und Finale auf der hohen Eisenbahnbrücke nicht planen können.
"Vieles in der mährischen Bezirkshauptstadt erinnert an Wien und an die gemeinsame Geschichte", erläutert uns der Stadtführer Lukáš David Er nimmt uns am Kreisverkehr mit dem unter ukrainischen Fahnen eingehüllten Russendenkmal in Empfang. In perfektem Deutsch erzählt er über die Stadtgeschichte, fährt gleichzeitig mit dem offenen E-Bus, dem "Znaimerl", wie er es nennt. Lukáš David ist nicht nur Reiseleiter, sondern auch seit ein paar Monaten Vize-Bürgermeister der Stadt.
Historischer Stadtkern
Während sich das „Znaimerl“ langsam in Bewegung setzt, erzählt er über das Russendenkmal mitten im Kreisverkehr und „Ivan“, den Soldaten der Roten Armee, der Richtung Wien blickt. Und über den Obelisken, auf dem die Siegesgöttin Nike triumphiert, der zu Ehren eines aus Znaim stammenden österreichischen Offiziers errichtet wurde. Die Schriftzüge in deutscher Sprache hatte sich jahrzehntelang in einem Museum befunden und wurden erst vor wenigen Wochen wieder am Denkmal angebracht. Und übrigens: Im Znaimer Gymnasium, gleich hinter dem Obelisken gelegen, hat ein gewisser Peter Alexander im Jahr 1942 maturiert. Und das prächtige Stadttheater mit seinen 250 Sitzplätzen könnte die kleine Schwester der Wiener Volksoper sein...
Bunt gestrichene Bürgerhäuser, schmale Durchgänge, kleine und große Plätze, überschaubar, dennoch voller Überraschungen. Diese mittelalterliche Ensemble
mit den gepflasterten Plätzen und Gassen ist das, was den Charme der Kleinstadt ausmacht. Auf dem zentralen Masaryk-Platz steht traditionell die Pestsäule und in der kommunistischen Zeit wurde hier das Kaufhaus Dyje errichtet, deren Betonprotzbau ein Kontrast zur gutbürgerlichen Architektur der k.u.k. Zeit darstellt.
Ein Stück Stadtgeschichte ist auch die Brauerei in Znaim: Ihre Lage gleich neben der Burg, der mittelalterlichen Rotunde und mit Blick auf die Nikolaus-Kirche lässt vielleicht auch auf den Stellenwert dieser alten Institution schließen. Doch der riesige Gebäudekomplex wird längst nicht mehr nur zum Bierbrauen verwendet. 2009 wurde die große Brauerei stillgelegt, eine Craft-Beer-Brauerei 2015 in den alten Räumlichkeiten adaptiert. Ein schickes Café samt Weinbar ist eingezogen. Kürzlich hat die Brauerei das historische Restaurant frisch renoviert wieder eröffnet. Ein weiterer Teil des Gebäudes harrt noch der Sanierung.
Znaim ist aber auch eine der wenigen Regionen in Mähren, wo Wein angebaut wird. Ganz besonder schmeckt der Weißwein aus der Region. Das Gebiet um Znojmo ist vor allem für seine aromatischen Weißweine bekannt. Die wichtigsten Sorten sind Veltlínský zelené (Grüner Veltliner), Müller Thurgau, Ryzlink rýnský (Rheinriesling), Sauvignon (Sauvignon blanc), Ryzlink vlašský (Welschriesling), Rulandské bílé (Weißburgunder), durch sein Aroma kennzeichnen sich Tramín (Traminer) Pálava und Muškát moravský (Mährischer Muskat) aus. Auf ungefähr einem Drittel der Fläche wird Rotwein angebaut: Svatovavřinecké (St. Laurent), Frankova (Blaufränkischer), Rulanské modré (Spätburgunder) und Zweigelt...
Grenzüberschreitender Nationalpark
Gleich hinter der Stadt beginnt ein Naturjuwel, das seine Existenz dem Sperrgebiet während des Kommunismus verdankt. Dort wo sich zwischen Grenze und den Sperranlagen niemand außer die Wachposten
aufhalten durfte, ist ein Naturjuwel entstanden. Über 40 Prozent aller bei uns vorkommenden Pflanzenarten und eine Vielzahl an gefährdeten Tierarten wie Wildkatze, der Schwarzstorch und der
Edelkrebs sind beiderseits der Ufer beheimatet. Wir waren einen Tag lang auf Wanderschaft entlang der Thaya und im Hinterland mit seinen charmanten Dörfern. Draußen vor der Stadtgrenze wurden
noch Überreste des Eisernen Vorhangs stehengelassen, als Gedenken an die hunderten Toten, die auch entlang der tschechischen Grenze ihr Leben lassen mussten...