Gewandert ans ende der welt
Das Kap St. Vicente wurde einst von den Mauren und den anderen Bewohnern der iberischen Halbinsel als das Ende der ihnen bekannten Welt bezeichnet. Wir wanderten durch alte Kulturlandschaften und durch so manches Kleinod der Natur.
Mehr als eine Woche verbrachten wir im äußersten südwestlichsten Zipfel Kontinentaleuropas und blickten von den Klippen über den Ozean gegen Nordamerika und Afrika. Zu sehen gabs zwar nur die unendliche Weite des Meeres, dafür spielte es sich an der Küste bzw. im Hinterland ab: Orangen- und Zitronendüfte in der Luft, ein Meer von Blütenfarben entlang unserer Wanderroute, verbrannte Eukalyptuswälder, tosender Ozean, steilabfallende und mystische Felsformationen, Traumstrände, freundliche Menschen, kulinarische Höhepunkte und vieles mehr. Eine tolle Woche mit unzähligen Eindrücken. Die Algarve spielt uns ihre Schönheit in vielfältigster Weise vor.
Orangen- und Zitronenduft lag im Hinterland von Silves stundenlang in der Luft. Noch sind die Überreste des großen Waldbrandes vom Sommer 2018 zu sehen, wo dutzende Quadratkilometer Eukalyptuswald niederbrannte und zahlreiche Häuser und sogar auch einzelne Dörfer zerstörte. Doch die Natur erholt sich sichtbar...
… überall blüht es, Bienen und Hummeln sammeln Nektar. Das Alltagsleben der kleinen Bauern und Bäurinnen geht seinen gewohnten, aber nicht hektischen Gang, Orangen, Zitronen, Oliven, aber auch Kork werden geerntet...
Der Weg zur Küste führt uns durch teils aufgelassenes Bauernland, durch die typisch mediterrane Maccia, einem teilweise undurchdringlichen Heideland mit Wacholdersträuchern und anderem stacheligem Bewuchs. Teilweise werden die Hochflächen noch mit Schafen und Ziegen bewirtschaftet.
Plötzlich wechselt die Landschaft: wir kommen zum Meer, es wird windig, wir hören das Tosen des Atlantiks, sehen unterhalb des Weges traumhafte Strände, die (noch) menschenleer sind. Im Süden sind die Klippen ockerfarbig...
… im Westen fast schon schwarz. Überall traumhafte Strände, die großteils schwer zu erreichen sind. Viele dieser Buchten können wir nur von oben betrachten...
Das Ende der Welt stellt man sich eigentlich spektakulärer vor, als es tatsächlich ist. Ein historischer Leuchtturm, ein riesiger Parkplatz, ein kleines Museum und Café und viele Imbiss- und Andenkenstände lassen diesen Ort zu einer Allerweltssehenswürdigkeit degradieren. Als Höhepunkt gibt es deutsche Bock- und Currywurst...
Was blieb uns von der Algarve: zunächst einmal der Eindruck, dass hier der Gang der Welt ein unaufgeregterer ist. Vielleicht spielt das kontinuierlich freundliche, weil zu 320 Tagen sonnige Wetter eine Rolle oder auch die bekömmliche Fisch- und Gemüsekost. Vielleicht mag auch das Erbe der Mauren eine Rolle spielen, die hier vor hunderten Jahren, das Land nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in der Kultur und Wissenschaft zur Hochblüte brachten. In einer Zeit, als bei uns in Mitteleuropa die Menschen noch unter kargen Bedingungen und hinter kalten kirchlichen Gemäuern leben mussten und erst viel später vom Erbe der Mauren profitierten. Dieser Landstrich am westlichsten Zipfel Europas hat eine große kulturelle Vergangenheit und heute viele kleine bewahrenswerte Naturoasen.
Text und Fotos: Marco Vanek